Weisslicht bei 540 nm aufgenommen mit dem TeleVue NP-101 APO Refraktor
Die rund hundert Kilometer mächtige Photosphäre (gr.: Lichtkugel) ist die unterste der drei Atmosphärenschichten der Sonne. Sie strahlt praktisch alles Licht, welches tief in der Kernregion der Sonne durch die Umwandlung von Wasserstoff in Helium entsteht, in den Weltraum ab. In der Nähe des Scheibenrandes ist jedoch der Weg, welches das uns erreichende Licht durch die Photosphäre zurücklegen muss, erheblich länger, wodurch die randnahen Bereiche der Photosphäre etwas matter erscheinen (sog. Randabschattung).
Auf den ersten Blick fallen die schwarzen Sonnenflecken auf. Sie markieren die Aus- und Eintrittspunkte von gewaltigen Magnetfeldern, deren stark gebündelte Feldlinien aus dem Sonneninnern in majestätischen Bögen bis weit in die Sonnenatmosphäre aufsteigen und meistens wieder ins Sonneninnere zurückkehren. In der Photosphäre behindert das starke Magnetfeld den normalen konvektiven Energietransport, wodurch die Flecken rund 1800 Grad kühler sind und somit dunkler erscheinen als die sie umgebende Sonnenmaterie. Ein voll ausgebildeter Sonnenfleck besteht aus einem oder mehreren dunklen Kernflecken (lat.: umbrae) und einem sie meistens ganz umschliessenden grauen Hof (lat.: penumbra). Ein Aktivitätsgebiet besteht aus mindestens einem einzigen, meistens aber aus einer Gruppe von rund einem Dutzend bis etwas über hundert dunklen Einzelflecken.
Die Sonnenfleckengruppen entstehen in zwei nördlich und südlich des Sonnenäquators gelegenen Aktivitätsgürteln, welche sich vom Sonnenäquator bis maximal 40 heliografische Breitengrade gegen Süden bzw. gegen Norden erstrecken. Infolge der geneigten Lage der Erdbahn gegenüber der Lage der Rotationsachse der Sonne scheint der Sonnenäquator im Laufe eines Jahres wie ein Kreisel zu taumeln: auf den Bildern dieser Seite ist der Sonnenäquator etwa 26 Grad aus der waagrechten Lage gegen rechts geneigt. Im Herbst ist es genau umgekehrt. Auf allen Sonnenbildern ist Norden oben und Osten links. Die Sonne rotiert in rund 27 Tagen von Ost nach West um ihre eigene Achse; die Sonnenflecken bewegen sich also von Tag zu Tag auf den Sonnenbildern von links nach rechts. In der Nähe der Sonnenränder werden infolge der Randabschattung die silberhellen Sonnenfackeln (engl.: Plages) sichtbar, welche die Aktivitätsgebiete begleiten und sie umschliessen.
Ca II K bei 393.4 nm aufgenommen mit dem TeleVue NP-101 APO Refraktor
Über der Photosphäre liegt die sog. Chromosphäre (gr.: Farbkugel), welche viel schwächer als die Photosphäre ist und mit blossem Auge nur kurz zu Beginn und am Ende einer totalen Sonnenfinsternis gesehen werden kann, wenn die Mondscheibe die gleissend helle Photosphäre kurzfristig abdeckt. Die Chromosphäre leuchtet dann rot auf, daher auch ihr Name. Ausserhalb von Sonnenfinsternissen kann die Chromosphäre nur mit Hilfe von speziellen Interferenzfiltern beobachtet werden, welche die Sonnenatmosphäre im Licht einer starken Absorptionslinie zeigen. Auf dem Sonnenturm Uecht beobachten wir die Chromosphäre im (violetten) Licht des einfach ionisierten Kalziums (Ca II) bei 393.4 nm Wellenlänge sowie im Licht des neutralen Wasserstoffs (H-alpha) bei 656.3 nm Wellenlänge. Die Kalziumlinie wurde von Joseph von Fraunhofer mit dem Buchstaben K versehen, daher der etwas verschlüsselte Name Ca II K.
Die Chromosphäre im Licht des einfach ionisierten Kalziums zeigt eine Schicht der Sonnenatmosphäre welche etwa 500 km über derjenigen der Photosphäre liegt. Zwar sind die Sonnenflecken noch zu sehen, doch dominieren nun die Sonnenfackeln (Plages) das Bild. Diese sind jedoch etwas anders aufgebaut als die Flecken: Grundelement der Fackelfelder sind helle Knoten. Diese kann man sich als Fusspunkte von einzelnen vertikal aus dem Sonneninnern aufsteigenden magnetischen Flussröhren vorstellen.
Die Chromosphäre wird wie die darunter liegende Photosphäre konvektiv umgeschichtet. Dabei steigt im Innern einer Konvektionszelle Materie nach oben, bewegt sich horizontal zu den Zellrändern und sinkt dann - kühler - wieder in tiefere Schichten ab. Die einzelnen Flussröhren werden von diesen horizontalen Bewegungen mitgenommen und bleiben an den Rändern der Konvektionszellen "stecken". Dadurch entsteht ein die ganze Sonnenscheibe überziehendes sog. chronospärisches Netzwerk, welches die polygonalen Ränder der Supergranulationszellen nachzeichnet. Die einzelnen Supergranulationszellen sind dabei etwa von derselben Grösse wie die grösseren Sonnenflecken. In den Aktivitätsgebieten sind die hellen Magnetfeldknoten dichter, meistens hängen sie sogar zusammen und bilden sogenannte Plages. Die Fackelfelder bilden sich vor den Sonnenflecken und bestehen auch lange nach der Auflösung der Sonnenflecken weiter, bis sie sich langsam in eine Art aufgehelltes Netzwerk (engl.: enhanced network) auflösen und nach und nach im chromosphärischen Netzwerk verschwinden. In ganz seltenen Fällen kann auf den Kalziumbildern des Sonnenturms Uecht innerhalb einer Sonnenfleckengruppe auch eine helle Sonneneruption (engl.: Flare) beobachtet werden.
H-alpha bei 656.3 nm aufgenommen mit dem Lunt LS80THa/DSII/B1200/FT Refraktor
Im roten Licht des neutralen Wasserstoffs bei 656.3 nm zeigt die Chromosphäre ein ganz anderes Gesicht als im violetten Kalziumlicht: die Sonnenflecken sind kaum mehr auszumachen und auch die Sonnenfackeln sind nicht mehr so prominent. Dafür zeigen sich am Rand bogenförmige, helle Protuberanzen, welche auf der Scheibe als dunkle Filamente zu sehen sind. Innerhalb der Aktivitätsgebiete leuchten zudem mehrmals pro Tag gewaltige Eruptionen (engl.: Flares) auf, welche gelegentlich auch von sichtbaren Masseauswürfen begleitet sind. Auf der Scheibe sind statt dem chromospärischen Netzwerk kurze dunkle Spikulen zu sehen, welche nun die Ränder der Supergranulationszellen markieren und welche um die Aktivitätsgebiete herum riesige Höfe bilden (sog. Superpenumbrae). Am Sonnenrand gleichen die dunklen Spikulen einer sich im Wind wiegenden wildromantischen Graslandschaft.
Die Chromosphäre im H-alpha Licht zeigt eine Schicht der Sonnenatmosphäre, welche rund 1000 km über derjenigen der Photosphäre liegt und die wesentlich dynamischer ist als die darunter liegenden Schichten. Deshalb genügt es für eine Überwachung der H-alpha Aktivität der Sonne nicht, nur einmal pro Tag eine Aufnahme zu machen. Weltweit existiert ein ganzes Netzwerk von Überwachungsstationen, welche die Sonne von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang non-stop beobachten, um ja keine Eruption oder keinen Materieauswurf zu verpassen. Diese Beobachtungen sind jedoch eher für das Verständnis und die Überwachung des kurzfristigen Sonnenwetters von Bedeutung, als für die langfristige Dokumentation und Prognose der Sonnenaktivität. Auf dem Sonnenturm Uecht wurde daher das tägliche H-alpha Monitoringprogramm per Ende Juni 2014 wieder eingestellt.